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Bericht meines Vaters:

Die Karwoche 2003 wird mir stets im Gedächtnis bleiben: am Abend des Palmsonntags rief uns Kai wegen unsrer Conny an und sagt, dass er sie ins Krankenhaus gebracht hätte, weil sie ohnmächtig geworden sei.

Von der Klinik war dazu telefonisch nichts Näheres zu erfahren, außer dass wir am nächsten Tag kommen sollten und dass unsere Tochter an Hyperkapnie leide, in deren Folge das Blut eine abnormal hohe Konzentration von CO² enthält.

Wir wußten zwar, dass Connys Atmung ungenügend war, aber trotzdem war der Schock ziemlich groß und als wir sie am nächsten Tag besuchen konnten, machten uns die behandelnden Ärzte keinerlei Hoffnungen.

Conny lag auf der Intensivstation halb ohnmächtig und ohne uns zu erkennen, mit einem halben Dutzend Schläuchen in Venen, Nase und Mund. Der letztere war besonders groß und endete in der Luftröhre, um die Lungen mit Sauerstoff zu versorgen. Die Ärzte meinten, es sei ein großes Wunder, dass Conny überhaupt noch lebe, denn die CO²-Konzentration hätte die tödliche Dosis um 20% überschritten.

Dass sie noch am Leben sei, führten sie darauf zurück, dass sich ihr Körper ganz langsam und allmählich an diese anormale Konzentration gewöhnen konnte.

Wir waren auf das Schlimmste gefasst und schliefen in folgender Nacht sehr schlecht. Um 3 Uhr in der Frühe war ich  schon wieder wach und hab mich im Internet über Hyperkapnie informiert. Das hat mich auch nicht beruhigt, da ich von vielen Komplikationen und Nebeneffekten las, insbesondere der Übersäuerung des Blutes (Azidose).

Am Abend hatten wir noch unsere beiden anderen Kinder informiert und beide kamen montags aus dem Schwarzwald und Herrenberg, um nach ihrer Schwester zu sehen.

Aber Gott hat all unsere Gebete erhört. Entgegen allen pessimistischen Voraussagen der Ärzte, traf ich zu meiner großen Freude am folgenden Tag Conny halb sitzend im Bett und sie erkannte mich sofort. Mit dem Tubus in der Luftröhre konnte sie natürlich nicht sprechen, aber es gelang einigermaßen, meine Fragen schriftlich zu beantworten und die Ärztin meinte, dass sich Conny ganz gut erhole. Ihre Geschwister schauten am Nachmittag nach ihr und die nächsten Tage war die ganze Familie bei ihr.

Conny konnte zeitweise selbständig atmen, aber am Freitagabend wurde ihre Atmung besorgniserregend schwächer. Zunächst wurde ihr eine CPAP-Atemmaske verpasst, aber ohne den erwünschten Erfolg, sodass sie erneut intubiert werden musste. Damit war die Atmung OK, aber sie konnte wieder nicht mehr sprechen. Sie konnte uns nur schriftlich, kaum leserlich, antworten.

Conny klagte immer wieder über Schmerzen im linken Bein. Am Ostersonntag rief das Krankenhaus an und bat uns Eltern zu kommen. Sie sagten uns, dass Connys linker Oberschenkelhals gebrochen sei. Durch die langen Jahre im Rollstuhl hatten sich die Beinknochen so stark zurückgebildet, dass der Orthopäde den Bruch nicht operieren konnte. Nach seiner Aussage fände im Oberschenkel keine Schraube Halt, die zur Stabilisierung nötig gewesen wäre. Aber dann kam er auf die mögliche Lösung, ein künstliches Hüftgelenk mit speziellem Schaft im Oberschenkel zu verankern  - jedoch ohne jegliche Erfolgsgarantie.

Trotz aller Bemühungen der Ärzte fühlte sich Conny nicht wohl, wurde von großen Ängsten geplagt und bat darum, dass auch nachts jemand von uns oder Freunde bei ihr sein dürften, was ihr auch genehmigt wurde.

Sie wurde in ein Einzelzimmer verlegt, sodass andere Patienten nicht gestört wurden und wir teilten die einzelnen Nachtwachen ein. Ihr Bruder blieb bis 23h, ein guter Freund bis 2.30h, den ich dann für die nächsten 5 Stunden ablöste.

Conny schlief recht wenig und unruhig, da sie die Nahrung, die sie über eine Magensonde zugeführt bekam, ganz schlecht vertrug. Über 4 Stunden hab ich ihr den Bauch massiert und als ihre Schwester mich um 7.30h ablöste, ging es ihr etwas besser.

An diesem Ostermontag berieten die Ärzte nochmal über die anstehende OP und entschlossen sich endgültig zur Alternative des künstlichen Hüftgelenks, zu der dann auch Conny nach längerem Zögern ihr Einverständnis gab und die dann für den nächsten Tag angesetzt wurde.

Also am 22.04. wurde Conny ein neues Hüftgelenk eingesetzt und mit Schmerzmitteln wurde das Lagern im Bett nun wieder relativ schmerzfrei möglich. Conny ist immer noch intubiert, wodurch die Kommunikation sehr leidet, weil Conny auch nur schlecht schreiben kann.

In den Tagen nach der OP machte ihr die Beatmung am meisten zu schaffen. Das Beatmungsgerät wurde mehrmals täglich 10 - 15 Minuten abgeschaltet, um die Spontanatmung zu testen und zu aktivieren. Das war für Conny sehr belastend und ergab kaum Fortschritte.

Einige Tage später ist das Gerät sogar 2 x für eine gute Stunde abgeschaltet worden, daraufhin war Conny total überanstrengt.

Während ich da war, versuchte sie nur noch zu schlafen, aber jedesmal, wenn ihre Atemfrequenz unter 10 Atemzüge pro Minute fiel, alarmierte das Gerät sofort und Conny schreckte immer wieder hoch. Erst als ich die Ärztin bat das Beatmungsgerät umzustellen und es nicht mehr alarmierte, konnte Conny schlafen

Man konnte mich nicht überzeugen, dass sie auf diese Weise Conny wieder zur Spontanatmung führen würden. Ich hatte ein langes Gespräch mit der Ärztin, die zwar die angewandte Methode verteidigte, aber dann doch zugab, dass Conny wohl zeitlebens von einer Beatmungsmaschine abhängig sein würde. Dazu wäre ein Luftröhrenschnitt nötig, um die derzeitige Intubierung, mit der sie nicht sprechen kann, abzulösen. Leben, abhängig von einer Maschine, das war zunächst nicht auszudenken.

So verging die dritte Woche im Krankenhaus. Die Ärzte machten ihr den Vorschag, sie zu extubieren, wenn sie weitere Fortschritte in der Spontanatmung mache. Sie hat dann den ganzen Nachmittag trainiert und war am Abend so fertig, das sie sofort einschlief. Am nächsten Tag bekam sie eine Sauerstoffmaske vor Mund und Nase, womit sie spontan atmete und sprechen konnte. Dazu nahm sie die Maske auch ab. Das ging 3 Stunden ganz gut. Auch am nächsten Tag konnte sie mit der Sauerstoffmaske atmen, war aber doch recht mitgenommen, weil man ihr stündlich für 5 - 10 Minuten die Lungen geweitet hat, um ihr Kollabieren zu verhindern.

Leider hielt diese gute Entwicklung nicht an, am nächsten Tag musste Conny wieder intubiert werden und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, stellte sich bei ihr auch noch eine MRSA-Infektion ein, also ein Methillin-Resistenter Staphilococcus aureus.

Für Conny selbst war das garnicht so bedrohlich, wirklich gefährdet waren alle anderen Patienten auf der Station, falls sich der Infekt ausbreiten würde. Jedenfalls musste Conny sofort isoliert werden und wir und das Pflegepersonal durften nur zu ihr mit sterilem Kittel und Kopfhaube, Mundschutz und Einweg-Handschuhen.

Da die Beatmung sich wieder schwieriger gestaltete, wurde Conny 4 Tage in Tiefschlaf versetzt und während dieser Beobachtungszeit sollte sie sich erholen. Die leitenden Ärzte sahen als einzige Möglichkeit, die Atmung wirklich zu verbessern, in einer Tracheotomie, bei der nach einem Luftröhrenschnitt eine Kanüle eingeführt und diese mit der Beatmungsmaschine verbunden wird. Sie haben uns das in einem ausführlichen Gespräch genau erklärt, aber die Entscheidung und Einwilligung lag natürlich wieder bei Conny...

Sie ist dann noch am gleichen Tag operiert worden, aber als ihre Mutter am nächsten Tag bei ihr war, konnte Conny nicht leserlich schreiben, da sie noch unter Einfluss der Medikamente stand. Die Ärzte sagten mir, dass Conny in den nächsten Tagen eine neue Kanüle bekäme, die das Sprechen ermögliche. Sie versuchte jetzt mit mir zu sprechen, aber es ist hoffnungslos. Ich verstehe kein Wort und es bleibt beim schriftlichen Kontakt, was mir sehr leid tut.

Am Wochenende kam wieder ihre Schwester und Freundin aus dem Schwarzwald zu Besuch, aber Conny kam mit der Sprechkanüle einfach nicht klar. Neben der künstlichen Ernährung über die Magensonde bekam Conny jetzt auch etwas feste Nahrung, um sich wieder daran zu gewöhnen.

Am nächsten Tag schaute ich nach ihr, aber es war nicht ihr Tag. Sie war sehr niedergeschlagen und weinte ganz entmutigt, weil sie keinen Silberstreif mehr am Horizont sehe. Ich konnte sie ein bißchen aufmuntern, danach war sie wieder etwas zuversichtlicher. Auch waren alle ihre Werte, die an den angeschlossenen Monitoren angezeigt wurden, besser als an den vorangegangenen Tagen.

In den nächsten Wochen ging es ganz langsam immer besser. Leider wurde Conny weiterhin von großen Ängsten und schrecklichen Zukunftsvisionen geplagt und mit dem Sprechen gab es auch weiterhin Schwierigkeiten. Es wurden noch mehrere Kanülen ausprobiert, bis die für Conny perfekte Trachealkanüle gefunden wurde. Dies wurde jedoch erst in der häuslichen Versorgung, durch einen sehr erfahrenen Intensivpfleger auf diesem Gebiet, bewerkstelligt, der Conny auch heute noch mitbetreut.

Conny war dann Anfang Juni auch akut keine Patientin mehr, die nur noch auf der Intensivstaton versorgt werden konnte und die Entlassung nach Hause wurde vorbereitet. Der Plegedienst, der ihre Versorgung zuhause übernahm, war am 17.6.03 in der Lage, nach Veränderungen in der Wohnung und mit Intensivpflegefachkräften, sie heim zuholen.

Seitdem sind schon fast 3 Jahre vergangen: 3 Jahre, die keiner missen möchte und deren guter Verlauf auch keiner geahnt hat!

13. März 2006




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