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Dialoge per Mails...                   

Ich führe mitunter interessante Dialoge per E-mail, deren Inhalt sicher auch viele andere interessieren könnten. Deshalb habe ich mich entschlossen hier eine Auswahl zu veröffentlichen...

Natürlich erbitte ich mir vor der Veröffentlichung die Einwilligung des Verfassers!

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Ludolph,

Sie wundern sich wahrscheinlich, dass Sie eine Mail von mir erhalten, ich hatte  die Information bekommen, dass Sie und Ihr Team für „Beatmungen“ die Fachleute sind.

Ich heiße Conny Pabst, bin 50 Jahre und seit meinem 8. Lebensjahr an einer progressiven Muskeldystrophie erkrankt. Seit meinem 19. Lebensjahr bin ich auf den Rollstuhl angewiesen und seit 2003 werde ich über Trachealkanüle beatmet, da ich ins CO2-Koma gefallen war und nicht mehr selbständig atmen konnte.

Das ist auch mein Thema, weshalb ich mich an Sie wende:

Ich besitze eine eigene Homepage www.beatmet-zuhause-leben.de. Ich bekomme auf meine Homepage immer wieder E-mails von Betroffenen, deren Angehörigen oder Pfleger/innen. Immer wieder wird mir auch von ALS-Erkrankten berichtet und wie in den bekannten Statistiken, stoße ich auch immer wieder darauf, dass gut 90% aller ALS-Erkrankten Beatmung rundweg ablehnen, obwohl sie glaubwürdig nicht lebensmüde sind.

Das macht mich so traurig und ich kann es einfach nicht verstehen.  

Ich habe gehört, dass bei Ihnen im Haus die nicht invasive Beatmung mit Maske den Patienten sehr großzügig angeboten wird. Ich kann das eigentlich nicht verstehen, warum das so gehandhabt wird. Bei mir selbst wurde vor 7 Jahren eine Maskenbeatmung versucht, doch ich konnte es nicht aushalten. Sicherlich wurden in meinem Fall die Anpassung und die Druckeinstellung zu unsensibel vorgenommen, was natürlich auch extrem schwierig ist bei neuromuskulären Erkrankungen... Erwiesenermaßen ist mit dieser Beatmungsform jedoch bei ALS auch die  Lebenserwartung geringer als bei Beatmung über Trachealkanüle. Das Absaugen von Bronchialsekret muss hier über Nase oder Mund erfolgen. Das ist wesentlich schwieriger und unangenehmer als über die Trachealkanüle. Die Beatmung über Maske ist bei ALS-Erkrankten wenig effektiv. Ein optimaler Sitz der Maske (Dichtigkeit) ist sehr schwierig zu erreichen, jedoch ist er unbedingt notwendig, um gut zu beatmen. Häufig treten schmerzhafte Druckstellen oder Hautallergien auf. Viele leiden z.B. unter der Einschränkung des Blickfeldes durch die Maske, unter der Austrocknung der Atemwege und dass Luft bei dieser Beatmungsform auch in den Magen gelangt. Warum empfehlen die Fachärzte den ALS-Erkrankten keine rechtzeitige Tracheotomie?

Ich weiß, jeder Patient muss selbst seine Entscheidung treffen... – werden sie denn alle umfassend, alles erklärend informiert, dass sie tatsächlich selbst entscheiden können?

Wenn ich damals die Maskenbeatmung toleriert hätte, wäre mir so ein Ding auf Dauer angepasst worden und ich hätte in der Klinik und danach wahrscheinlich nie etwas von Beatmung über Trachealkanüle gehört. Die letzten Jahre wären wesentlich schlechter für mich verlaufen, ich hätte viel versäumt... Als Laie findet man die Maske hässlich, störend, behindernd im Gesicht, Reden, Lachen, Küssen  geht nicht – Trachealkanüle ist Horror wegen dem Loch im Hals und beängstigend, aber es ist anders und eröffnet Freiräume... Sagt man das den Betroffenen? Ich wurde darüber nicht aufgeklärt.

Werden ALS-Erkrankte auch über die Änderungen mit der Patientenverfügung seit Sept. 09 aufgeklärt? Ich weiß von einem ALS-Erkrankten, der lange Zeit beatmet war und sich dann wieder von der Beatmung nehmen und das Tracheostoma wieder zunähen ließ...

Wie sollen an ALS erkrankte Menschen im fortgeschrittenem Stadium noch Lebenswillen entwickeln, wenn man mit ihnen nicht alle die Möglichkeiten detailliert bespricht, die ihnen noch zu Verfügung stehen? Es sind nicht alle so stark, dass sie sich von sich aus kümmern, dennoch auch nicht lebensmüde und sie brauchen unbedingt umfassende Infos um sich entscheiden zu können.

Wo und von wem werden ALS-Erkrankte alles umfassend informiert?

Ich würde so gerne wissen, ob ich es tun kann, ohne die betroffenen Menschen zu kränken, ihnen vorzuschlagen, die Beatmung auszuprobieren. Alle, die mir bekannt sind, können nicht mehr reden oder völlig unverständlich... ich meine, durch die Kanülierung verlieren sie ja nicht die Möglichkeit des Sprechens, aber eine ausreichende Atmung würde ihnen wieder mehr Lebensqualität geben.

Warum finde ich bei Beschreibungen immer nur die Lebenserwartung von noch 2-5 Jahren nach Diagnosestellung, aber so gut wie gar nicht, dass die Lebenserwartung mit künstlicher Beatmung bei ALS doch noch um ein mehrfaches höher sein könnte?

Ich habe von Ihnen gehört, dass Sie sich sehr gut mit der Erkrankung ALS auskennen und sich sehr für die Betroffenen einsetzen. Vom Hören-Sagen ist mir auch bekannt, dass Sie in Ihrem Haus die Beatmung von an ALS erkrankten Menschen über Trachealkanüle vorrangig ablehnen. Ich wüsste so gerne, warum Sie das tun, falls Sie es tun?

Ich kenne mehrere an ALS erkrankte Menschen, die alle nicht mehr selbst sprechen und schlucken können und bis auf die Augen völlig bewegungslos sind. Dennoch nehmen sie weiterhin am Leben teil und sind froh um jede Stunde, die Ihnen geschenkt wird.

Die beatmeten an ALS erkrankten Menschen, die ich kenne, haben alle Familie. Sie sind froh weiterhin für ihre Kinder da sein zu können, alle sind perfekt im Umgang mit dem Augengesteuerten Eye-Gaze-Sprachcomputer und sie sind über die nun schon mehreren dazu geschenkten Jahre durch die Beatmung sehr glücklich.

Diese mir bekannten Menschen leiden alle an keiner juvenilen ALS-Form, sie sind völlig bewegungslos, doch im Kopf extrem fit und in der Lage z.B. weiterhin die Geschäftsführung zu übernehmen, auf Vortragsreisen zu gehen und Rockkonzerte zu besuchen etc.. Zusätzlich 5 – 10 Jahre dazu geschenkt zu bekommen, ist toll und tatsächlich immer wieder möglich, wenn eine gute Heimbeatmung mit optimaler Beatmungsgeräteeinstellung und guter Bronchialtoilette durch fachgerechtes effizientes endotracheales Absaugen sicher gestellt wird. Das ist meine Überzeugung aus 7-jähriger Erfahrung.

Ich habe jedoch die große Befürchtung, dass es immer noch zu wenig Informationen und gute Aufklärung gibt oder vergesse ich bei meinen Überlegungen Gravierendes?

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir Ihre Sicht auf die ALS schildern würden und worin unsere Ansichten eventuell differieren.

Ich freue mich sehr, wenn ich von Ihnen höre und wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich diese Mühe für mich machen.

Mit den besten Grüßen

Herzlichst

Conny Pabst

 

►►►  Liebe Frau Pabst,

vielen Dank für Ihr ausführliches Schreiben, das von großer Sachkenntnis geprägt ist. Ich stimme eigentlich in allem zu; insbesondere der Tatsache, dass ein Muskelkranker (einschl. der ALS-Patienten!) die Chance haben muss invasiv beatmet zu werden. Vielleicht muss ich einige Aussagen, die Sie nur vom Hörensagen zu kennen scheinen, etwas korrigieren:

Tatsächlich, wir handhaben die nicht invasive Beatmung mit Maske sehr großzügig. Warum? Weil es dem ALS-Patienten (und dem Patienten mit anderen neuromuskulären Erkrankungen) eine sofortige symptomatische Hilfe bietet. Sie wissen ja, dass die beginnende CO2-Narkose mit Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Depressionen und morgendlichem Kopfschmerz verbunden ist. Diese unmittelbare Hilfe wollen wir unseren Patienten nicht vorenthalten.

Wir diskutieren mit allen ALS-Patienten und ihren Familien die Möglichkeit der Anlage eines Tracheostomas; es ist nicht richtig, dass ich die Beatmung von an ALS-erkrankten Menschen über eine Trachealkanüle „vorrangig ablehne“. Wir haben so viel Respekt vor den Patienten und ihren Angehörigen, dass wir diese Möglichkeit den Patienten und ihren Familien – mit dem nötigen Einfühlungsvermögen – anbieten. 

Wie unsere Haltung ist, können Sie vielleicht aus dem beigelegten, auch kontrovers diskutierten Artikel im Deutschen Ärzteblatt (Lule et al.) erkennen, in dem wir eindeutig für die gesamte deutsche Ärzteschaft darstellen, dass wir glauben, dass ALS-Patienten auch im fortgeschrittenen Stadium noch eine gute Lebensqualität haben können, wenn man sich um sie kümmert. Diese Meinung hat zu viel Widerspruch geführt, obwohl sie empirisch von uns in langwieriger Arbeit belegt wurde. Dieser Artikel ist natürlich auch eine indirekte Stellungnahme zu den Ergebnissen aus Holland, die ja sagen, dass dort fast 1/3 aller ALS-Patienten an Euthanasie sterben.....

Ich würde mich freuen, wenn wir unseren Dialog fortsetzen könnten. 

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Prof. Dr. A.C. Ludolph

http://www.als-charite.de/Portals/6/Medien/UserDocs/dorothee_lule%20_lebensqualitaet_bei_als_dt_aerzteblatt_heft_23_6_08.pdf

Hallo! Mein Name ist Alexander und ich arbeite nun seit über 2 Jahren freiberuflich in der häuslichen Versorgung beatmungspflichtiger Kunden. Mit großem Interesse habe ich Ihre Homepage von Anfang bis Ende durchgelesen.
Vielen Dank für diese nützlichen und interessanten Informationen, persönlichen Erfahrungen und auch Ratschläge!
Sie haben sich viel Mühe gegeben!
Was mich am meisten interessiert hat, waren die Beiträge und Erfah-rungen zur Assistenz und Kommunikation; denn auch für mich ist und bleibt es die größte Herausforderung, - Kommunikation und das Miteinandersein auf engem oder engstem Raum.
Es ist schon richtig, dass in der Heimbeatmung von einer
Ausnahmesituation gesprochen wird. Stimme ich auch zu, denn es gibt gerade mal ein paar Fort- und Weiterbildungen zu Heimbeatmung in der ganzen Bundesrepublik. In der 3-jährigen Ausbildung lernen weder Krankenpfleger noch Altenpfleger etwas zu dieser Thematik und Problematik. Wobei Altenpfleger in der Psychologie und Soziologie etwas besser ausgebildet werden. Im Gegensatz dazu haben Krankenpfleger i.d.R. größeren Einblick im medizinisch-technischen Bereich.
Die häusliche Versorgung über 24 Stunden ist nicht einfach! Ich denke, ich verstehe Sie gut.
Nicht selten musste ich neben einem Kunden auf einer Entfernung von 1,5-2,5 Meter über 12 Stunden und oft auch länger sitzen und ihn quasi "überwachen" - es gab in der 1 Zi-Whng. keine andere Möglichkeit, oder es wurden bei anderen Kunden keine Möglichkeiten geschaffen, ich weiss nicht ob ich so etwas als Betroffener in meinem Haus aushalten könnte!
Es ist auch gar nicht so einfach, sich in jemand hinein zu versetzen, muss ich ehrlich zugeben, es erfordert schon viel Geduld und Aufmerksamkeit.
Verständlich, denn jeder Mensch ist wirklich anders(!) als man selbst oder die vertraute Familie und Freunde; hat seine eigenen Bedürfnisse und Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen.
Ich wollte Sie fragen, wie Sie es mit ihrem Team gestalten - haben die Mitarbeiter eine Rückzugsmöglichkeit, vllt. ein Zimmer nebenan, wo sie auf "stand by" immer für sie da sind oder eine Trennwand? Wie ist es in der Nacht?
Wie beschrieben, sind meine Erfahrungen, dass jeder Mensch wirklich anders ist und man ihn gar nicht so schnell "erfassen" und kennen lernen kann. Manche wollen gefragt werden, wollen umsorgt werden; genau so viele habe ich aber auch kennen gelernt, die in Ruhe gelassen werden wollen, es sollten möglichst wenige Fragen gestellt werden, am besten das Personal gar nicht sehen. Alle beiden Varianten sind natürlich, menschlich und verständlich!
Und genau das ist oft der Knackpunkt - wie finde ich als Mitarbeiter heraus, was mein Kunde möchte? Wie sie selber schreiben, ist es oft nicht einfach - direkt fragen?
Das traut man sich auch nicht so richtig.
Es bleibt: "aktives zuhören" und beobachten - Aufmerksamkeit!
Jetzt aber genug von meinen Gedanken gesprochen; wie geht es Ihnen? Was können Sie mir mit auf den Weg in die Heimbeatmung mitgeben? Wie sollte eine gute Pflegefachkraft sein?
Grüße Alexander

►►►   Lieber Alexander,
Zu Ihrer Frage, es geht mir soweit gut, doch wie in so vielen Versorgungen merken auch wir den Pflegenotstand und sind äußerst knapp mit Personal besetzt. - Ja bei mir gibt es einen kleinen Raum fürs Pflegepersonal als Rückzugsmöglichkeit. Gleich in der Nähe ist auch das Gäste-WC, das ausschließlich vom Personal genutzt wird. Ein "Chefsessel" mit Massagefunktion am Tisch und ein Liegesessel mit Fußbank gehören zur Ausstattung, Radio, Laptopnutzung etc. ist alles vorhanden. Ein externer Alarm vom Beatmungsgerät ist in diesem "Personalraum" eingebaut und ich verfüge über eine elektrische Klingel sowie eine Hupe und Telefon, um mich bemerkbar zu machen. Das Personal schläft im Nachtdienst nicht, kommt aber zu meiner Schlafenszeit nur auf Gerätealarm oder mein Klingeln in mein Zimmer. Tagsüber ist man viel mit mir in meinem Zimmer zusammen, da ich ja für jeden Handgriff, den ich machen möchte, die Hände der Assistenten benötige. Über Rückzug wird gesprochen - ich bin oft am PC und auch mal gerne für mich;-)
Ich bin ein absoluter Verfechter der ständigen, alles umfassenden Kommunikation. Man muss sich schon extrem gut kennen, um nicht mehr nachfragen zu müssen. Schnell werden dadurch ja auch Abläufe standardisiert, die womöglich gerne individuell gehalten bleiben sollen. An vier aufeinander folgenden Tagen Müsli zum Frühstück sollte am fünften Tag nicht unbesprochener Standard sein, sondern dennoch die Lust auf ein Käsebrötchen zu haben einbeziehen und dieser Wunsch sollte dann auch erfüllt werden...
Ihre Frage, wie sollte eine gute Pflegekraft sein, beantworten Sie schon selbst: aufmerksam und konzentriert und ausreichend kommunikativ!!! Was der Kunde möchte ist tatsächlich nur über gute Kommunikation zu erfahren, sich direkt fragen trauen, es ist unabdingbar!!!. Sich zur Erinnerung dazu Stichworte aufzuschreiben, ist in der Anfangszeit des Kennenlernens extrem hilfreich.
So gute Gedanken, wie Sie sie sich machen, sind Sie auf einem guten Weg. Lassen Sie Gedanken an Perfektionismus außen vor. Wir sind alle Menschen und keine Roboter und Kommunikation ist einfach das A und O.
Für heute wünsche ich Ihnen das Allerbeste
Herzlichst
Conny Pabst

 

 

www.beatmet-zuhause-leben.de