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Ausschnitte von Biographieversuchen: meine Kindheit...

Aus meinem Leben vor der Beatmung zu berichten,  verlangt mir einiges Nachdenken ab - nicht dass ich es verdrängen würde - ich empfinde jedoch so, dass einfach in den letzten Jahren seit April 2003 das Wichtigste, Emotionalste und Schönste in meinem Leben passiert ist.

Wahrscheinlich würde ich das aber gar nicht so fühlen, hätte ich die 44 Jahre davor nicht auch schon eine richtig gute Zeit gehabt.

Also fang ich mal 1959 an, das Jahr, in dem ich vorwitzig und komplikationslos in Heidelberg gesund auf diese Welt kam. Es heißt, ich war ein aufgewecktes, fröhliches Kind. Mein "großer" 3 Jahre älterer Bruder hat mich wohlwollend empfangen

und wir sind mit den Eltern 1961 ins Schwabenländle gezogen.

Wir hatten eine klasse Kindheit mit guten Freunden. Ich spielte gern mit Puppen oder auch Legos und Autos, war aber auch z.B. "Indianer" oder "Cowboy", "Ärztin", "Ballerina", "Artistin" oder "Kindergartentante". Kater Mikesch, Bambi, Peter Pan und Heinz Rühmann als "Quax, der Bruchpilot" waren meine Kindheitshelden ... und ich gestehe, ich schwärmte auch kurzfristig für Heintje - da gab es nichts, was unmöglich schien.

Ich habe meine Eltern versucht zu begeistern, indem ich mir mal die Haare ratzefatz mit der Nagelschere abschnitt, ich in einen Nachbarsgarten "einstieg", um mit den Gartenzwergen zu spielen - obwohl dort alles wegen einer Sprengung abgesperrt und geräumt war... oder bewies Zielsicherheit mit einem Dartpfeil, der nach einem Wurf von mir meinem Bruder im Hinterkopf steckte (Gottseidank ist ihm dabei nichts Schlimmes passiert!).

Tief in meine Erinnerungen hat sich ein Erlebnis als Squaw, die ich "in diesem Leben war", eingegraben. Vom "Stammesältesten" und den anderen Indianern leidlich geduldet, war ich in den Stamm der "jüngsten Mohikaner" des Ginsterwegs aufgenommen. Ich war kriegischer Kämpfer, Anschleicher, auf Apfelbäumekletterer und immer mit ganzem Herzen dabei. Leider wurde mir ein ganz natürliches Bedürfnis letztendlich zum Verhängnis. Der Indianerstamm erwischte mich beim Pullern hinter die "Stammeshütte" (einem  kleinen verfallenen Geräteholzschuppen auf der Apfelbaumwiese). Der Stammesälteste hat den Kriegsrat einberufen und ich wurde kurzfristig (was mir jedoch überaus lang vorkam) von weiteren Kriegszügen ausgeschlossen. Ich habe diese Schmach bis heute nicht wirklich verwunden...

Ich ging liebend gern in den Kindergarten, vergötterte die Kindergärtnerin, die mir in fast allen Märchenaufführungen die Hauptrolle gab. Höhepunkt war ich als "weißblondes" Schneewittchen, wer's nicht glaubt - dafür gibt es ein Beweisfoto...

  Unsere Kindergärtnerin hieß "Tante Elsbeth" und sie wurde von uns Kindern sehr geliebt. Wir haben immer und besonders wunderschön zu Muttertag, Ostern und in der Weihnachtszeit gebastelt, es gab tolle Feste mit grandiosen Theateraufführungen und es gab jedes Jahr einen Mädchentag. Da mussten die Jungs zuhause bleiben, jedes Mädchen durfte seine Lieblingspuppe mitbringen und dann verwandelten wir uns in kleine "Hausfrauen und Mütter" und verbrachten den ganzen Tag mit Puppenwickeln, einfachste Gerichte kochen und uns wie unsere Mütter zu geben. Wenn ich daran zurückdenke, amüsiere ich mich köstlich über dieses uns damals noch vorherrschend vermittelte Frauenbild - und als Kind war ich davon vollkommen begeistert.

Gesundheitlich hatte ich bis zu meinem achten Lebensjahr keine größeren Probleme. An das Rausoperieren meiner Mandeln mit 5 Jahren habe ich vorallem abenteuerliche Erinnerungen an Vanille- und Erdbeereis, das ich danach in Mengen, die mich an Erzählungen aus dem Schlaraffenland erinnerten, ärztlich verordnet futtern durfte. Meine Kindergärtnerin Tante Elsbeth kam mich sogar im Krankenhaus besuchen und brachte mir Bananen und einen riesengroßen Schokolade-Marienkäfer mit, den ich sehr lang aufbewahrte wie eine Reliquie, bevor ich ihn anknabberte.

Mit Süßigkeiten machte ich in meinen Kindertagen überhaupt sehr spezielle Erfahrungen. Obwohl ich gerne „feine Dame“ war, gelang mir das nächtens nicht. Das morgendliche Drama, dass ich in der Nacht wieder ins Bett gepieselt hatte, wurde meinen Eltern zu bunt und man ging mit mir zur Frau Dr. Fischer, unserer Hausärztin, die mit mir einen Deal machte. Es war Hochsommer und in ihrem Sprechzimmer stand oben auf dem Schrank ein roter Zuckerhase vom vergangenen Ostern... Sie versprach mir, wenn ich eine Woche „trocken“ bliebe, würde ich den Hasen bekommen... -Wenn ich etwas wollte, konnte ich Kompromisse eingehen... Eine Woche später holte ich mir die zuckrige Trophäe ab und wähnte mich als Siegerin.

Die Schmach war riesengroß, als ich am nächsten Tag den Hasen zurück zur Hausärztin tragen musste, weil ich wieder ins Bett gemacht hatte. Ihr kurzes Statement, „pfui Cornelia, du wirst nie eine Dame werden“, traf mich so tief, dass ich nie wieder ins Bett machte. Allerdings mochte ich ab da auch keine roten Zuckerhasen mehr.

1966 zogen wir aus dem Vorort in die "große Stadt" in die Betriebswohnung der Firma, in der mein Vater arbeitete.
Mich kam das im ersten Moment hart an, da ich doch die wahren Stätten meiner Kindheit verlassen musste, aber auch in der Stadt, in der neuen Schule und vor allem in der unmittelbaren Nachbarschaft fand ich neue Freunde, von denen mich einige bis heute begleiten. Die Firmenwohnung war schön, wir Kinder bekamen nach und nach jedes sein eigenes Zimmer und der riesengroße geteerte Firmenhof war klasse zum Rollschuhlaufen.

Nebenan war ein riesiger Garten unserer neuen Nachbarn und hinter dem Firmengelände ein großer Sportplatz vom "Seminar für angehende Sportlehrer". Dort hinein über den Zaun zu klettern war schnell fast tägliches Procedere und wir freundeten uns auch schnell mit den Nahbarskindern an. Wir nutzten gemeinsam den paradiesischen Garten, Sportplatz und riesigen Hof zum Spielen. Hinterm Haus auf dem "Semi-Sportplatz" wurden nicht nur die ersten "organisierten" Zigaretten (bevorzugte Hausmarke Attika) geraucht, sondern natürlich auch wirklich Sport getrieben. An Weitsprung, 50m-Lauf und Kugelstoßen erinnere ich mich gut, auch daran, dass damals schon absolut klar war, dass ich keine Leichtathletikmeisterschaft gewinnen würde.

Dafür kann ich aber von der jüngsten unserer Nachbarkinder berichten. Sie hat sportive Events für ihre Meerschweinchen veranstaltet. Eine Wäscheleine niedrig über der Wiese zwischen Zwetschgen- und Mirabellenbaum gespannt, das Meerschweinchen ebenfalls angeleint und so sollte es kräftig angefeuert über das Hindernis springen. Es wurde von Sigrid mehr an der Leine gezogen darüber gehievt und hat, glaube ich, den wahren Wettkampfgeist dabei nicht bewiesen. Aber die Trainerin war hochmotiviert und von daher hätte sie eigentlich wenigstens eine Goldmedaille verdient.

Mit der ältesten Nachbarstochter Cornelia verbindet mich bis heute eine innige Freundschaft. Nicht nur, dass wir den gleichen Namen tragen, wir sind auch gleich alt, saßen in der Schule auch in einer Schulbank und verbrachten bis zu unserem 10. Lebensjahr die allermeiste Zeit gemeinsam und sind bis heute unzertrennlich... Wir besaßen damals jede ein Heft, in das wir unsere "Traummänner" geklebt hatten, die wir zuvor aus Quelle- oder Neckermann-Katalogen "ausgeschnipfelt" hatten.

Leidenschaftlich gern spielten wir Schule mit unseren Puppen. Dabei waren wir sehr authentisch. Jede Puppe hatte ihr eigenes Schulheft, in das wir für unsere Puppenkinder schrieben und dann natürlich auch streng benoteten. Meine Eltern lauschten öfters an meiner Kinderzimmertür, wenn ich Unterricht hielt und die Stimme meiner Klassenlehrerin perfekt imitierte. Auch gerade in der Schule Gelerntes wurde an die Puppenkinder weitergegeben.

In der Schule hatten wir im Heimatkundeunterricht Erbsen und Bohnen herangezogen, was die Puppenkinder auch sofort lernen durften. In meinem Kinderzimmer habe ich in heimlicher Aktion in einem mit Gartenerde befülltem Pappkarton Bohnen "gezüchtet". In die Erde stecken und immer kräftig gießen bringt Erfolg hatten wir gelernt. Das habe ich genauso auch in meinem Zimmer ausgeführt und sehr bald schauten die ersten grünen Spitzen aus der Erde. Leider war das "Beet" schlecht gewählt. Der Karton nässte durch und die Feuchtigkeit suchte sich ihren Weg durch den Fußboden bzw. die alte Fachwerkdecke. Meine biologischen Erfolge wurden publik, als die Chefsekretärin bei uns an der Wohnungstür klingelte und sagte, dass es bei ihr von der Bürodecke auf den Schreibtisch auf die Unterlagen tropft. Pech, dass sie ihr Büro direkt unter meinem Kinderzimmer im Erdgeschoss hatte...

1967 kam meine 8 Jahre jüngere Schwester auf die Welt. Sie war (ist;-)) eine ganz Süße und war mein vergöttertes Schneckle. In meiner großen Schwesterliebe bin ich mit ihr, sie im Kinderwagen liegend, in den Nachbarort spaziert, ohne irgend jemand in mein Ausflugsvorhaben einzuweihen. Unterwegs fing die "Kleene" mächtig an rumzukrähen und ich wusste mir bei dem Geschrei nicht anders zu helfen, als bei unserer Hausärztin einen Besuch mit dem Schreihals abzustatten.

Dort bekam sie dann eine fein zerdrückte Banane von der Ärztin gefüttert, denn das Schwesterchen hatte nur Hunger...  - danach war sie wieder zufrieden. Der Heimweg dann war zwar lang, aber wir 2 Schwestern innig vereint fanden unseren Weg.

Ich mächtig stolz, dass dieses Abenteuer erfolgreich war, konnte nicht verstehen, dass Mutti uns auf dem Fahrrad entgegengeradelt kam und meine große Tat mit einer schallenden Ohrfeige krönte. Heute voller Verständnis, mag ich mir gar nicht vorstellen, was ihr Mutterherz in diesen bangen Stunden des Nichtwissens, wo ihre Töchter sind, durchlitten hat.

Mit 8 Jahren begann sich meine Muskelerkrankung bemerkbar zu machen. Ich fing an auf den Zehenspitzen zu laufen und zog besonders gern Muttis hochhackige Schuhe an und spielte bevorzugt Prinzessin oder feine Dame. Die Hausärztin erklärte uns lapidar, dass ich es sein lassen sollte, mit Muttis Schuhen herumzulaufen, weil ich für feine Dame noch zu klein wäre. Gottseidank war das für meine Eltern keine ausreichende Erklärung für meine Schwierigkeiten. In Ludwigsburg wurde von Prof. Heiss eine heftige Achillessehnenverkürzung festgestellt, die 1968 und 1969 operativ behoben wurde und ich wieder flach mit den Füßen auftreten konnte. Die Muskeldystrohie erkannte man damals noch nicht. Ich war jedoch schon damals auffallend immer ein bisschen schlapp und müde.

Dennoch hatte ich meistens viel Spaß und wußte immer etwas mit meinen Freundinnen anzustellen. Zu Diemut ging ich ab und zu, um mit Barbie und Ken zu spielen... Ich habe nie eine echte Barbiepuppe besessen und es war etwas sehr besonderes. Diemuts Jungmädchenzimmer war sehr plüschig und fein, mit kleiner Spiegelkommode und einem Hocker mit rosa Flokatibezug. Es war alles sehr edel und immer aufgeräumt, was so gar nicht meinem "Lebensstil" entsprach.

Mit Nela Fahnentänze auf dem Firmenhof einzustudieren, Hochzeit mit ihr und ihrem Bruder als meinem Bräutigamm zu spielen, "Lägerle" zu bauen und ständig am Zaun uns zu treffen und zu quatschen, war eigentlich das viel Interessantere.

Nela und ich hatten zwischen unseren 2 Mansardenzimmern,die in den sich gegenüber liegenden Häusern gleich hoch lagen, über die Hofeinfahrt hinweg eine Schnur gespannt. An der konnte man sich "zusammenrufen", denn wenn man an ihr wackelte, klapperte bei der Freundin leicht das Fenster und sie wußte Bescheid, dass es etwas "Wichtiges" zu bequatschen gab. Toll war, dass wir an dieser Schnur auch ein Körbchen von Fenster zu Fenster schicken konnten mit Keksen, beschriebenen Zettelchen, halt Kleinigkeiten, die man sich kurz zuschicken wollte...

Richtig klasse war auch Geburtstage miteinander zu feiern. Das war immer schön. Besonders gerne feierte ich Nelas Geburtstage. Ihre Eltern hatten eine Buchbinderei mit Schreibwarenladen und da gab es bei diversen Spielen immer tolle Preise, wie Bleistifte, Radiergummis, Spitzer, kleine Blöcke etc. - einfach wahre Schätze.

Zu Nelas Mamma ging man auch zum Schulhefte kaufen und ganz wichtig, um die Hochglanzbildchen mit Flitter und ohne fürs Poesiealbum dort zu erwerben. Poesiealbum war damals ganz wichtig, ich hatte ein fast vollgeschriebenes von einer Schulkameradin nicht mehr zurückbekommen und musste dann ein neues beginnen. Viele Einträge waren nicht mehr nachzuholen... das zweite Poesiealbum hüte ich bis heute...

weiter...

 

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