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Arbeit in der häuslichen Intensivpflege Vieles aus dem Klinikalltag ist eher störend als nützlich bei der Arbeit. Die Gestaltung des Tages, die Reihenfolge der Tätigkeiten, selbst die Durchführung sind nicht allein in der Hand der Pflegenden, sondern werden auch von den Klienten vorgegeben. Schließlich sind sie auch deswegen zuhause. Sämtliche Erfahrung aus der klinischen Intensivpflege basiert auf Akutmedizin. In der häuslichen Pflege sind die Anforderungen von chronisch erkrankten Menschen gänzlich andere.
Sie befinden sich in einer vergleichsweise stabilen Situation. Man fängt wieder von vorne an, die Routine aus der Klinik hilft nicht weiter. Es ist jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung, alle meine Fähigkeiten zum Wohle des Klienten einzusetzen. Das verlangt Aufmerksamkeit und Konzentration.
Die Beatmungssituation ist in der Regel stabil und erfordert keine ständigen Korrekturen. Man verfolgt zumindest bei Erkrankungen wie Muskeldystrophie oder ALS nicht Training und Entwöhnung von der Beatmung als Ziel. Die eingesetzten Geräte sind im Vergleich zum Krankenhaus sehr einfach.
Gefordert sind wir plötzlich als reiner Dienstleister. Unsere Arbeit erbringen wir im Sinne und nach den Wünschen der Klienten. Wie beim Friseur entscheidet das Ergebnis. Therapie und Pflege ist nur ein Teil meiner Aufgaben. Einkaufen, Kochen, Basteln, Putzen, Aufräumen erweitern mein Aufgabengebiet. Das Ordnungssystem der Klienten darf nicht durcheinandergebracht werden, da sie sich sonst in ihren eigenen 4 Wänden nicht mehr zurechtfinden können.
Am Anfang habe ich mich fremd gefühlt in der Wohnung anderer. Ein schwer zu beschreibendes Gefühl: in der Küche oder im Wohnzimmer in Schränke oder Schubladen zu schauen und die gewünschten Dinge herauszuholen oder einzuräumen. Man wird zum Voyeur. Man fühlt sich als störend in manchen Situationen, die Klient und Angehörige betreffen, wie z. B.ein Streit, aber auch eine Umarmung.
Dass man durch die Arbeit zu diesem Voyeurismus gezwungen ist, ändert nichts an meinem Empfinden zu stören.
Mir fällt es schwer auszuloten wieviel Nähe, wieviel Präsenz in solchen Momenten nötig ist. Wie weit kann man sich zurückziehen, ohne den Eindruck zu vermitteln, lustlos zu sein. Man dringt sehr weit in die Intimsphäre des anderen ein und mein Ziel ist Diskretion und Zurückhaltung.
Ich brauche immer Zeit, um mich in neue Situationen einzufinden. Das habe ich ausgesprochen und ich konnte mich an die fremde Wohnung gewöhnen.
Ich habe mich bewusst für diesen Bereich der Krankenpflege entschieden. Ich wollte dem Ideal unserer modernen Schlagworte ein Stückchen näherkommen.
Ganzheitliche Pflege und der verlängerte Arm des Klienten sein. Das geht nur, wenn man den betroffenen Menschen kennenlernen kann und ich mich kennenlernen lasse. Jetzt kann Vertrautheit entstehen und ein gutes Miteinander stattfinden. Ich gehe jeden Tag sehr gerne arbeiten. Immer noch ein gutes Stück weg von der ganzheitlichen Pflege, aber trotzdem sehr zufrieden, wenn am Ende eines Arbeitstages ein/e zufriedene/r Klient/in in ihrer/seiner Wohnung bleibt.
Renato
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